Das Gasthaus der Seelen

Eingang zu Posada de las almas, Salamanca, Sapnien

Museum, Besserungsanstalt für vom Weg abgekommene Mädchen … ? Die Posada de las Almas – das Gasthaus der Seelen!

In der ebenso alten wie ehrwürdigen Universitätsstadt Salamanca finden Studenten seit Jahrhunderten das, was ein Studentenleben ausmacht: geistige Nahrung ebenso wie physische Erbauung bei Studiosi respektive Studiosae aus diversen Weltgegenden; ein überschaubares, aber doch ansehnliches Kulturleben, das unter anderem seit nunmehr fast 70 Jahren von den immer jung bleibenden Sängern und Sängerinnen des Coro Universitario bestritten wird, welcher mittlerweile, in zweiter Generation, unter Leitung des hauptberuflich als Mathematikprofessor wirkenden Bernardo García-Bernalt seine berühmte Klangfülle weit über die Stadtmauern hinaus in die karge kastilische Hochebene trägt; und schließlich will (und soll) der Student das Intellektuelle stets auch mit dem Geistigen im erweiterten Sinne verbinden, ein legitimes und tief in der akademischen Tradition verwurzeltes Ansinnen, welches die örtliche Gastronomie mit einem breiten Angebot an Lokalitäten nach Kräften unterstützt.

Plaza Mayor in Salamanca, Spanien

Die Plaza Mayor, Zentrum nicht nur des studentischen Lebens in Salamanca

Zunächst muss eine Grundlage für weiteren Genuss geschaffen werden. Wessen elterliche Zuwendung an ausgewählten Tagen den Verzicht auf das Tagesangebot in einem der Comedores Universitarios, den Mensen, und statt dessen die Einnahme eines gepflegten Mahls an gedecktem Tisch zulässt, der wendet sich, wenn er Student ist und darüber hinaus Nostalgiker, gerne dem im alten Adelspalast Casa de las Conchas situierten Restaurante El Bardo zu und erlebt dort, neben ausgezeichneter Küche in martialischen Portionen zu überaus akzeptablen Preisen, den langen Atem einer mittlerweile fast verloren wirkenden Studentenkultur: Die Kooperative, die den Bardo in den längst verblichenen Achtzigerjahren mit dem wahrlich revolutionären Angebot eines vegetarischen Mittagsmenüs gründete, lebt. Wer Glück hat, speist während der Dienstzeit verbliebener Gründungsmitglieder und erfährt Interessantes über die fernen Tage studentischen Aufbruchs in der Zeit der Transición, des Übergangs Spaniens von der Diktatur zur Demokratie, welche im Februar 1981, als der Autor dieser Zeilen zum Auslandsjahr in Salamanca weilte, von im Parlament herumballernden Zivilgardisten mit der Aufforderung an die Abgeordneten Al Suelo (auf den Boden) zu Fall gebracht werden sollte.

Eingang zur alten Universität Salamanca, Spanien

Hier schwitzten Generationen von Studenten: Der Eingang zur alten Universität mit der Statue des einst von der Inquisition verfolgten Fray Luis de León

Aber wir schweifen ab und haben uns der Posada de las Almas, eben jedem Gasthaus der Seelen, welches ja das Thema unseres Ausflugs nach Kastilien ist, nicht einmal ansatzweise genähert. Nach erfolgter üppiger Comida im Bardo kürzen wir nun den klassischen Tagesplan eines salmantinischen Studenten ab, lassen Siesta, Bibliotheksstudium und Nachmittagsvorlesungen weg und begeben uns direkt zu diesem offenbaren Aufenthaltsort verwirrter?, verlorener?, verliebter? Seelen, dieser Ingredienzen des eigentlichen Menschseins. Wer mag den Ort bevölkern? Sind es vielleicht die Studierenden der Päpstlichen Universität, der Pontificia, der neben der staatlichen Universidad de Salamanca zweiten Stätte höherer akademischer Weihen? Suchen sie dort Erlösung von der Last der Erforschung der letzten Dinge im eschatologischen Proseminar? Oder ist die Posada vielleicht eine untergründig vibrierende Stätte des Zusammentreffens von, in schnödem Angelsächsisch, sich im freien Raum suchender Soulmates? Lassen wir erfahrene Seelenschweifer zu Wort kommen, wie den Internetnutzer gatoferoz (wilde Katze), welchem schon vor längerer Zeit der Besuch in der Posada de las Almas die mitgebrachte Freundin erheblich näherbrachte, denn „kaum eingetreten, packte mich meine Freundin an der Hand, so fest wie nie, und als ich meinen Blick auf die Decke richtete, erkannte ich, warum:“ Im folgenden ist von hängenden Riesenköpfen die Rede, von spinnenartigen Lampen und gar einem Baum, der sich um die betagten Holzbalken der Posada windet.

Wir brechen hier unsere Erzählung ab. Zu schwer dünkt uns die Last der Verantwortung, sollten beseelte Besucher Salamancas aufgrund unserer Erzählung den düsteren Disco Club mit gemischtem Publikum an der Plaza de San Boal aufsuchen, in der Hoffnung, hier, hinter dem schweren hölzernen Tor, das vermutlich aus Quijotes Zeit stammt, Ruhe oder auch Gesellschaft für ihre geplagten Seelen zu suchen. Ein Besuch in der lebhaften Universitätsstadt mit ihren im warmen Ockergelb leuchtenden Renaissance- und Barockbauten sei jedoch allemal empfohlen.

© Text + Fotos: interconcept Medienagentur/ Frank Ferschen
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Und hier weitere Fotos aus Salamanca (und ein paar auch aus Madrid)!

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